Notizen zur Herbstbeilage der SZ im Oktober erschienen am 29.10.2022

7. Dezember 2022. Im Herbst erscheinen die Buchmessenbeilagen der großen Zeitungen. Der Perlentaucher wertet sie aus und verfasst zu jeder Kritik in diesen Beilagen eine resümierende Notiz. Auch auf eichendorff21 können wir so einen Überblick über jene Bücher geben, die von den Zeitungen im Herbst als besonders wichtig erachtet werden. Hier die Literaturbeilage der FAZ für Herbst 2022.

Rezensentin Kathleen Hildebrand empfiehlt allen Eltern von Kindern im "Pipikakahumor"-Alter das Bildersachbuch von Mariona Tolosa Sisteré. Dieses enthält nämlich nicht nur viele spannende, und wahrscheinlich auch für die meisten Erwachsenen interessante "Pups-News", sondern auch jede Menge kindlichen Fäkalhumor. Besonders angetan ist die Rezensentin außerdem von den wunderbar bunten und lebendigen Illustrationen, in denen Aufklärung und Unterhaltung aufs herrlichste miteinander verschmelzen.

Rezensent Hilmar Klute empfiehlt Michael Maars Prosaminiaturen als exquisiten Happen für zwischendurch. Der Kritiker lässt sich die meisten der Sprach-, Denk- und Lesebeobachtungen, die Maar in dem schmalen Band zusammengestellt hat, munden, etwa wenn der Germanist ihm erläutert, wieviel das "Chamäleonwort Eh" im Österreichischen abzubilden vermag. Ganz hingerissen folgt Klute Maar auch, wenn dieser die "genialen Schwächen" von Weltliteraten wie Tolstoi, Tschechow oder Proust auslotet. Und so schaut der Rezensent gern über … mehr

Rezensent Stefan Fischer freut sich über gleich zwei Hörspieladaptionen von Werken von Roald Dahl. Ein wenig staunt der Kritiker auch, passen Dahls Texte doch so gar nicht in unsere ach so achtsame Zeit, meint er. Umso mehr Freude hat er, wenn etwa der Schauspieler Matthias Matschke herrlich "knarzig" "Charlie und die Schokoladenfabrik" spricht. Und wenn Christopher Maria Herbst Dahls "Hexen hexen" so liest, dass dem Text keine Spur von "Märchenhaftigkeit" mehr bleibt und die … mehr

Rezensent Stefan Fischer freut sich über gleich zwei Hörspieladaptionen von Werken von Roald Dahl. Ein wenig staunt der Kritiker auch, passen Dahls Texte doch so gar nicht in unsere ach so achtsame Zeit, meint er. Umso mehr Freude hat er, wenn etwa der Schauspieler Matthias Matschke herrlich "knarzig" "Charlie und die Schokoladenfabrik" spricht. Und wenn Christopher Maria Herbst Dahls "Hexen hexen" so liest, dass dem Text keine Spur von "Märchenhaftigkeit" mehr bleibt und die … mehr

Überfällig findet Florian Welle diese Version von Margaret Mitchells Südstaatenmelodram "Vom Winde verweht". Dabei erzählt dieses Hörspiel von Amina Eisner die Geschichte von Scarlett O'Hara und Rhett Butler nicht einfach aus der Sicht der versklavten Prissy, sondern setzt sie in den Kontext des amerikanischen Bürgerkriegs, der Bürgerrechtsbewegung und der heutigen Aktionen von Black Lives Matter. Dazu gibt es die Reden von Martin Luther King und Musik von Nina Simone. Acht Stunden Hörspiel … mehr

Rezensentin Martina Knoben bemerkt gleich, wie viel Zuneigung die Zeichnerin Marijpol ihren Figuren entgegenbringt: Sie erzählt von drei Frauen mit seltsamen Körpern - einer Bodybuilderin, einer dicken Riesin und einer Schlangenfrau -, die in ihrer WG sehr liebevoll miteinander umgehen, aber durch drei verwahrloste Kinder aus der Nachbarschaft auch auf ihren krassen Individualismus gestoßen werden. Knoben gefällt, dass Marijpol die Spannung zwischen Abscheu und Sympathie zulässt: Ihre weirden Supermonster müssen … mehr

Etwas Bessseres wird es in diesem Jahr auf dem deutschen Comic-Markt nicht geben, ist Rezensent Christoph Haas nach diesem Wurf von Thomas von Steinaecker und David von Bassewitz überzeugt. "Stockhausen" verbindet die Biografie des Avantgarde-Komponisten mit der Autobiografie Steinaeckers, der mit dem "Gesang der Jünglinge" in Faszination für Stockhausen entflammte. Dass Steinaecker ebenso ehrlich von sich wie von Stockhausens Schattenseiten erzählt, nimmt den Rezensenten für das Buch ein, wie auch Bassewitz' Zeichnungen, … mehr

Rezensentin Eva-Christina Meier empfiehlt drei Kinderbücher, die Kindern in Krisenzeiten ein wenig Hoffnung machen sollen. Und das gelingt den ukrainischen Illustratoren Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw mit der Geschichte um die fiktive Stadt Rondo, in der die Blumen nach Kriegsausbruch schwarz werden. Die drei Freunde Danko, Fabian und Sirka bauen eine Lichtmaschine, um die Blumen zu retten, resümiert Meier. Großartig, wie die Illustratoren kindgerechte Symbole für Krieg, Widerstand und Hoffnung … mehr

Häusliche Gewalt im Versmaß. Rezensent Fridtjof Küchemann ist tief beeindruckt von "Die Sonne, so strahlend und schwarz" und von der Protagonistin Nova, die neben ihrem gewalttätigen Stiefvater auch mit ihrem Schwarzsein und ihrer Queerness beschäftigt ist und bisweilen kämpft. Die Autorin schaffe es dabei, diese Themen zentral und doch unaufdringlich zu behandeln, auch wenn ihr manchmal ein bisschen Pathos unterlaufe. Die Form sei dabei ebenso herausragend wie der Inhalt: Die Geschichte wird in Versen erzählt … mehr

Eine "Polemik mit unklarer Vorstellung vom selbstgesetzten Thema" nennt Rezensent Michael Schmitt Jason Reynolds und Ibram X. Kendis Sachbuch. Dieses selbstgesetzte Thema wird bereits im Titel deutlich: Rassismus und seine einflussreichsten Vertreter und Vertreterinnen, sowie jene, die dagegen ankämpfen oder kämpften. Doch statt junge Lesende aufzuklären und so das sogar explizite Ziel anzustreben, die Lesenden zum Selbstdenken anzuregen, bietet das Buch lediglich vorgefertigte Wahrheiten im Schwarz-Weiß-Schema, leicht verhüllt von Suggestion und rhetorischen Fragen. Zudem, fällt dem … mehr

Eines schickt Rezensent Mathias Grefrath seiner Rezension voraus: Der Soziologe Philipp Staab richte sich in seinem Buch "Anpassung" an die "bessergestellten Regionen der Welt". Um die Krisen um Demokratie, Klima, Globalisierung und gesellschaftliche Stabilität zu beenden, so Grefrath, verabschiede sich Staab von zwei heiligen Kühen: Fortschritt und Nonkonformismus. Stattdessen wende er sich an die "Avantgarden der Anpassung". Als da wären: Die Bewegungen der jungen Klimaaktivisten, die von der Politik schnelles, wissenschaftsbasiertes Handeln fordern und die … mehr

Rezensent Kai Spanke gibt dem Ökonom Jakob Thomä durchaus Recht, wenn dieser darauf pocht, dass wir die Konsequenzen unseres Handels auch in räumlicher und zeitlicher Ferne berücksichtigen sollten. Oft genug interessant und nicht unreflektiert findet der Rezensent Thomäs Gedankenexperimente oder Berechnungen in diesem Buch. Aber lässt sich wirklich beziffern, dass im 20. Jahrhundert knapp 400 Millionen Menschen allein durch unserern Lebensstil starben? Oder ist das Quatschkopfmathematik? Spanke will Thomäs Rechenbeispiele … mehr

Originell und erhellend findet Rezensent Burkhard Müller diese Neudeutung der Schöpfungsgeschichte durch den mittlerweile in Princeton lehrenden Judaisten und früheren Direktor des Jüdischen Museums, Peter Schäfer. Schäfer zufolge sind Adam und Eva nicht von einer bösen Schlange aus dem Paradies vertrieben worden, denn die Schlange war dem Originaltext zufolge nicht böse, sondern einfach das klügste Tier. Der Auszug erweist sich bei Schäfer auch nicht als Fluch, sondern als Akt der … mehr

Recht zwiespältig, aber doch interessiert bespricht Johannes Kaiser dieses neue Werk des Zukunftsdenkers Rifkin, das auf 360 Seiten nochmal all seine Erkenntnisse bündeln soll - ein "opus magnum", so Kaiser. Statt Effizienz, so liest man bei Kaiser, solle eine moderne Wirtschaft auf "Resilienz" setzen, was ja eigentlich Widerstandsfähigkeit hieße, aber wohl eher auf Kompatibilität von Wirtschaft und Natur zielt. Also soll es weniger Eigentum und mehr Zugang geben, weniger Käufer und … mehr

Ein Buch mit Schlagkraft annonciert Rezensent Niklas Elsenbruch mit Teresa Bückers Streitschrift. Wie Elsenbruch darstellt, beklagt die feministische Journalistin darin nicht nur Überarbeitung und Dauerstress, sondern sieht das aus dem Ruder laufende Zeitmanagement als Übel der modernen Gesellschaften. Sie bezieht sich dabei auf Frigga Haugs Grundmodell der Vier-in-einem, erklärt der Rezensent: Jedem Menschen sollten am Tag vier Stunden Zeit für Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Selbstfürsorge und gesellschaftspolitisches Engagement zur Verfügung stehen. Für … mehr

Der Historiker Daniel Siemens zeigt sich in seiner Rezension sehr beeindruckt von Karolina Kuszyks Buch. Klug und ausgewogen erzähle die polnische Autorin, wie nach dem Zweiten Weltkrieg Polen, die aus der Westukraine vertrieben wurden, in den ehemals deutschen Gebieten heimisch werden mussten. Siemens sieht hier sehr eindrücklich geschildert, wie die Züge der Vertriebenen aneinander vorbeiströmten, wie sich Zeitschichten übereinanderlegten oder auch öffentliche Verfemung deutscher Hinterlassenschaft mit pragmatisch-privater Nutzung einherging. Kuszyk … mehr

Rezensent Stefan Fischer folgt dem gutgelaunten Radiomoderator Achim Bogdahn gern auf seiner Deutschlandreise. Wenn Bogdahn die jeweils höchsten Berge aller sechzehn Bundesländer erklimmt, dann geht es ihm nicht um sportliche Leistung, erkennt der Rezensent rasch, denn Dollberg, Wurmberg und Fichtelberg erfordern nicht gerade eine Alpinistenkondition. Die Touren sind Bogdahn vielmehr ein Anlass, durch das Land zu streifen, Milieus und Mentalitäten kennenzulernen. Das gelingt ihm mal mehr, mal weniger gut, befindet … mehr

Rezensentin Daniela Gorgs holt sich von Stephan Orth Tipps für die mageren Zeiten. Orth ist während der Hochphase der Pandemie durch England gereist, und um dies möglichst sicher zu tun, lautete seine selbst auferlegte Regel: Draußen bleiben. Er schläft also in Gärten, badet im Hydepark und paddelt auf der Themse. Öffentliche Toilette werden wichtig, U-Bahnen und Supermärkte unwichtig. Ein Lektion in Minimalismus, meint Gorgs.

Rezensent Christian Schwägerl fühlt sich gut unterhalten von Wolfgang Strucks Buch über das Phänomen der Flaschenpost. Die erste Flaschenpost wurde 1797 ins Meer geworfen, liest Schwägerl, und der Germanist Struck versammle ab da zahlreiche Anekdoten und literaturgeschichtliche Betrachtungen zum Thema - allen voran das Forschungsprojekt des später berühmten Georg Neumayer, der mit einer Art Flaschenpost-Nachverfolgungs-Verfahren die Meeresströmungen erkunden wollte. Um diesen wissenschaftlichen Aspekt geht es dann trotz anfänglicher Ankündigung leider … mehr

Mit viel Lob bespricht Rezensentin Meike Feßmann den sechsten Roman von Katie Kitamura, der die Geschichte einer Dolmetscherin erzählt, die dem Prozess gegen einen westafrikanischen Ex-Diktator beiwohnt. Schon wie Kitamura hier Privates und Gesellschaftspolitisches miteinander verknüpft findet Fessmann beeindruckend: Jene Dolmetscherin, ein eher unsichtbarer Typ, hat eine Affäre mit Adriaan, der ebenfalls in den Prozess eingebunden ist - und zu dem sie in ein "demütigendes Unterordnungsverhältnis" gerät, resümiert die Rezensentin. Vor … mehr

Auch spanische SchriftstellerInnen schreiben über Klasse und soziale Herkunft, aber sie tun es anders als beispielsweise Annie Ernaux oder Edouard Louis, klärt uns Rezensentin Karin Janker, die drei Neuerscheinungen vorstellt, auf. Es ist die besondere Literarizität, die die Romane von Ana Iris Simón, Elena Medel und Isaac Rosa eint, aber nicht nur, fährt die Kritikerin fort. Denn die drei AutorInnen sind während der spanischen Wirtschaftskrise aufgewachsen, die Melancholie, die Konfrontation … mehr

Auch spanische SchriftstellerInnen schreiben über Klasse und soziale Herkunft, aber sie tun es anders als beispielsweise Annie Ernaux oder Edouard Louis, klärt uns Rezensentin Karin Janker, die drei Neuerscheinungen vorstellt, auf. Es ist die besondere Literarizität, die die Romane von Ana Iris Simón, Elena Medel und Isaac Rosa eint, aber nicht nur, fährt die Kritikerin fort. Denn die drei AutorInnen sind während der spanischen Wirtschaftskrise aufgewachsen, die Melancholie, die Konfrontation … mehr

Protagonist Toni gibt sich noch ein Jahr, bis er seinem Leben ein Ende setzen will, ein Jahr, das Fernando Aramburu auf 800 Seiten minutiös schildert. Es geht um Familie, um Liebe, um politische Entwicklungen, aber vor allem auch um die Frage, was ein gutes Leben ausmacht, wie Rezensent Dominik Bloedner feststellt. Ganz so einfach scheint das Leben Toni seinen Tod aber auch nicht machen zu wollen, als eine Frau in … mehr

Es ist kaum möglich, Samir Selamis Verzückung über diesen Roman von Manuel Vilas wiederzugeben. Ein Meisterwerk, mehr noch: eine "Liturgie", erinnernd an Balthasar Gracián oder Teresa von Ávila, schwärmt der Kritiker über das Buch, das er als Fortsetzung von Vilas' Roman "Ordesa" liest. Fasziniert lässt er sich ein auf den hermetischen Vilas-Kosmos, taucht ein in dessen Biografie, liest in dichten Aphorismen voller Humor von dessen Eltern, von Klassenbewusstsein und Depressionen, … mehr

Mit großer Begeisterung bespricht Christiane Schlötzer, Türkei-Korrespondentin der SZ, den Debütroman der türkischen, in Paris lebenden Autorin und Regisseurin Sedef Ecer. Die Kritikerin taucht hier ab in die Istanbuler Film- und Theaterwelt der 1950 bis 1970er Jahre und erinnert sich an die Freizügigkeit jener Jahre und die Erfolge muslimischer Schauspielerinnen. Anhand von drei Akten - eingeteilt durch die drei Militärputsche 1960, 1971 und 1980 - erzählt Ecer die autobiografisch geprägte … mehr

Rezensent Nico Bleutge lässt sich gern noch einmal von Dylan Thomas ins fiktive Küstenkaff Llareggub an der Südküste von Wales entführen, nach der Übersetzung von Erich Fried nun neu übertragen von Jan Wagner. Thomas schrieb das Radiostück 1954 für die BBC, viele Jahre erarbeitete er das Stück aus Motiven aus all jenen walisischen Orten, an denen er selbst lebte, klärt uns Bleutge auf. Der Kritiker lernt genau hinzuhören, wenn hier … mehr

Rezensent Wolfgang Schneider ist tief beeindruckt von dieser Hörbuch-Collage, die Stefan Weillers vierzehn Sozialreportagen mit den Texten von Wilhelm Müllers Liederzyklus "Die schöne Müllerin" und der Musik von Schubert mischt. Es geht in den Reportagen um Liebe, Verlassen werden, Verrat, sozialen Absturz - kurz, "Meditationen über das Unglück", die für Schneider sehr gut zu Müllers Versen passen. Wie unheimlich und verstörend die eigentlich sind, hört er hier mit ganz neuen Ohren, was nicht zuletzt auch … mehr

Was hat es mit den Kassandrarufen um die gespaltene Gesellschaft auf sich? Dieser Frage gehen FAZ-Feuilletonist Jürgen Kaube und Soziologe Kieserling nach - mit für Rezensent Thomas Ribi interessanten Ergebnissen. So erfährt er von den Autoren, dass die drohende Spaltung von politischen Entscheidungsträger*innen dazu genutzt werde, Entscheidungen nicht zu rechtfertigen, sondern zu verschieben, wolle man die Stabilität der Gesellschaft nicht gefährden. Doch das sei für die Autoren überwiegend ein "Schreckgespenst", … mehr

Rezensent Günther Nonnemacher schätzt an Ian Kershaws Buch gerade den Umstand, dass es sich zwischen Politikerbiografie und historischer Darstellung nicht entscheiden möchte. So kann der Autor herausarbeiten, wie unterschiedlich die Umstände und die ausgewählten politischen Persönlichkeiten, von Stalin über Gorbatschow, Thatcher und Tito bis Kohl und de Gaulle, wirklich waren. Für den Leser wirft das wertvolle Einblicke in die Geschichte des 20. Jahrhunderts ab, versichert Nonnenmacher. Solide scheint ihm, wie … mehr

Rezensentin Julia Werthmann ist fasziniert von Sinthujan Varathrajahs Buch, das die eigene Familiengeschichte mit postkolonialer Theorie verbindet. Die Eltern des Autors sind vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka nach Deutschland geflohen, Varathrajah selbst in einem Asylbewerberheim auf die Welt gekommen. Als politischer Geograf verbinde er Theorie, Geologie und Autoethnografie zu einer ganz eigenen Sprache, staunt Werthmann, die das Buch als Dokument einer Ermächtigung versteht, etwa wenn Varathrajah schildert, wie sich … mehr

Rezensent Tobias Lehmkuhl gibt zu bedenken, dass Serhij Zhadans hier versammelte Social-Media-Posts keinen literarischen Anspruch haben. Dafür ergeben sie laut Rezensent ein historisches Dokument, das zusammen mit den in den Band übernommenen Fotos durchaus Anschaulichkeit vermittelt, wenngleich nicht als oberstes Ziel. Das liegt laut Lehmkuhl in der Dokumentation eines Gemeinschaftsgefühls und einer Heimatliebe, wie sie die Leute von Charkiw und den Autor erfüllen. Als "affektive Botschaften" sind die Texte aus dem … mehr

Fasziniert berichtet Rezensent Adam Soboczynski von der Lektüre dieses neuen großen Lethen-Essays über Dostojewskis "Großinquisitor", den er als assoziationsreich, aber intellektuell überaus gewinnbringend schildert. Lethen beschäftigt sich nach seinem Bericht intensiv mit der Rezeption dieses dunklen und gewaltigen Dreißigseitentextes, in dem der Großinquisitor den wiedergekehrten Jesus zum Scheiterhaufen verurteilt und dieser ihn auf den Mund küsst. Der Großinquisitor steht dabei einerseits für eine Ethik der Kälte, die Lethen seit je … mehr

Rezensent Josph Hanimann bleibt ein wenig unbefriedigt von dieser Untersuchung des französischen Anthropologen Gérard Bronner. Die "kognitive Apokalypse" versteht Bronner nicht als Untergang, wie Hanimann erklärt, sondern im ursprünglichen Sinne als "fundamentale Enthüllung": Bronner zufolge hat der Mensch heute so viel Gehirnzeit wie nie zuvor, also Zeit, die für Sinnvolles frei verfügbar wäre, die der Mensch aber nur mit "kognitivem Fastfood" am Bildschirm vergeude. Dass Bronner sich um Wissenschaftlichkeit bemüht und sich gegen … mehr

Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin sollten offenbar Kinderersatz für ein königliches Ehepaar sein. Gemeinsam erleben die beiden eine Reihe von Abenteuern - manchmal eins pro Seite! - die grundlegene Fragen aufwerfen wie "Sollte man die Herstellung von Kindern durch Erfinderinnen und Hexen begrüßen?" Rezensentin Judith von Sternburg ist restlos begeistert, nicht nur vom Inhalt, sondern auch dem Detailreichtum der Bilder. Macht Erwachsenen ebenso viel Spaß wie Kindern, versichert sie.

Rezensentin Christiane Pöhlmann geht hart mit diesem Werk ins Gericht. Andrea Giovene erzählt in seinem Romanzyklus die fiktive Autobiografie des Giuliano di Sansevero, der in seinem Lebensweg - aristokratische Herkunft, Klostererziehung, Erster Weltkrieg - Parallelen zum Autor aufweist und druchaus als Jahrhundertzeuge taugen könnte, wie Pöhlmann einräumt. Aber er tue es nicht. Das liegt zum einem am altfränkischen Ton, der über alle fünf Werke unverändert bleiben und in starkem Kontrast … mehr

Das ist der Debütroman einer "Empörten", staunt Rezensent Andreas Platthaus: "Die Wunder" erzählt von familiären Zusammenhängen und Bindungen, die der Protagonistin Alicia so gar nicht klar sind. Schon ihre Großmutter ist vom Land nach Madrid geflohen, das erzähle Medel poetisch und hochkomplex und füge sich damit in eine lange Tradition spanischer Literatur ein, lobt er. Pünktlich zum Gastland-Auftritt Spaniens kongenial übersetzt von Susanne Lange, schließt Platthaus.