Diese Autorin ist an der Kritik völlig unbemerkt vorbeigegangen, ruft Michael Braun mit dem Stolz des Entdeckers aus. 2002 hätte die Autorin mit dem Roman "Baden bei Gewitter" debütiert, anschließend einen wunderbaren Gedichtband vorgelegt, in dem sie eine Serie von barocken Madonnen-Porträts vielfarbig und vielschichtig überarbeitete und übermalte, erklärt Braun. Schon im ersten Gedichtband habe sich Poschmanns Vorliebe für zyklische Strukturen gezeigt, der sie nun auch in ihrem neuen Buch "Grund zu Schafen" huldige. Das Wort Huldigung ist insofern nicht verkehrt, als Poschmann sich in diesem Band der altehrwürdigen Naturlyrik zuwendet, die sie zeitgemäß, versteht sich, rekonstruiert. Schon das Titelgedicht, so Braun, verkünde die programmatische "Abweichung von einem identifikatorischen Naturverhältnis" und signalisiere stattdessen einen Zusammenhang von Kausalität und Kreatur - schön seltsam, meint Braun. Überhaupt verwandele sich das Schaf - als Element der traditionellen Hirtenlyrik - in ein vielgestaltiges Wesen, das selbst industrielle Bearbeitungen vertragen könne. Es sei große Kunst, lobt Braun, wie es Poschmann gelingt, uns geläufige Naturphänomene wie den deutschen Nadelbaum oder ein Stück Rasen durch syntaktische Verschiebungen in neuen Sinnzusammenhängen aufleuchten zu lassen.